Bei der Weihnachtsversteigerung des Auktionshauses Jentsch werden auch drei bislang unbekannte Werke des Expressionisten angeboten. Die Werke Böckstiegels waren zuletzt hoch im Kurs.Gütersloh. „Corona ist für mich ein Segen", meint Auktionator Detlef Jentsch. Denn auch wenn seit Beginn der Pandemie nur noch 30 Bieter gleichzeitig in sein Auktionshaus an der Verler Straße kommen dürfen, ist die Kaufbereitschaft doch enorm. „Geld ist genug da", weiß der 78-Jährige, der seit mehr als 40 Jahren Versteigerungen in Gütersloh durchführt. Gerade ist er dabei, seine Weihnachtsauktion am Samstag, 28. November, vorzubereiten. Mehr als 430 Objekte kommen dabei unter den Hammer – Schmuck, unter anderem aus dem Nachlass eines Goldschmiedes, Uhren, Teppiche, Münzen und Gemälde.
Unter den Kunstwerken sind auch neun Arbeiten des heimischen Expressionisten Peter August Böckstiegel. „Drei der Werke – zwei Pastelle und eine Tuschezeichung- sind bisher noch nicht mal David Riedel, dem Leiter des Peter-August-Böckstiegel-Museums in Werther, bekannt", erzählt Jentsch. Es sind zwei Frauen-Bildnisse, die der Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg 1948/49 im Rahmen seiner Reihe von Flüchtlingsporträts anfertigte. Die Tuschezeichnung zeigt Böckstiegels Vater und „Tante König", wie der Titel verrät. Anhand des Fotos auf Jentsch‘ Homepage schätzt David Riedel das Entstehungsjahr auf 1921.
Kunstwerke erzielten bei Auktion im April HöchstpreiseEs seien „zwei wohlhabende Privatnachlässe aus der Region", zu denen die Böckstiegel-Bilder gehören, so Jentsch. Es ist bekannt, dass der Expressionist bei Freunden und Nachbarn gerne mit seinen Bildern bezahlte, so dass viele seiner Werke sich rund um Werther noch in Privatbesitz befinden.
Vielleicht hat das ihm zu Ehren errichtete Museum in Werther auch einen Anteil daran, dass Böckstiegels Werke derzeit gefragt sind. Erst im April, als deutschlandweit alle Auktionshäuser geschlossen hatten und Jentsch dank seines Hygienekonzeptes weiterhin den Hammer schwingen durfte, gingen bei ihm vier Böckstiegel-Werke über den Auktionstisch. Angesetzt hatte er sie mit 950 bis 2.000 Euro im Katalog – gebracht haben sie den Veräußerern zusammen fast 100.000 Euro. „Das waren weltweit die höchsten Preise", sagt Jentsch. Er ist gespannt, wie das Interesse an dem heimischen Maler in der kommenden Woche sein wird.
Museum hofft auf LeihgabenWeitere Böckstiegel-Werke sind eine Zeichnung mit zwei Bauernfrauen, eine mit einem Greis sowie eine Lithographie „Probedruck 1", die Böckstiegels Vater am Butterfass zeigt. Außerdem eine Farblithografie „Frühling in Cossebaude". Highlight ist aber sicherlich das Aquarell „Hafen von Konstanza", das Böckstiegel 1918 als Soldat in Rumänien malte. Dieses hat Jentsch mit 4.990 Euro angesetzt, es könnte seiner Ansicht nach jedoch bis zu 40.000 Euro erzielen. „Das ist eine ganz besondere Arbeit", schwärmt auch Museumsleiter Riedel, der allerdings nicht mitbieten wird. „Das ist fürs Museum nicht erschwinglich", sagt er. Er besitze auch gar keinen eigenen Ankaufsetat.
„Ich würde mich jedoch freuen, wenn der Besitzer sich bei mir meldet", so Riedel, der Buch darüber führt, wo sich welche Böckstiegel-Werke in Privatbesitz befinden. Jentsch darf aus Datenschutzgründen die Namen der neuen Eigentümer nicht nennen – legt ihnen nach der Ersteigerung jedoch ans Herz, sich mit dem Museum in Verbindung zu setzen. Riedel: „So können wir bei anstehenden Ausstellungen anfragen, ob man uns die Werke als Leihgabe zur Verfügung stellt." Derzeit ist das Museum noch coronabedingt geschlossen, doch ab 6. Januar 2021 soll die derzeitige Ausstellung "Dunkle Jahre, voller Farben - Peter August Böckstiegel. 1933-1945" noch bis zum 7. Februar zu sehen sein.
Viele Stammkunden bleiben aus Angst vor Corona fernDamit er seine Weihnachtsauktion trotz Lockdown light durchführen kann, hat Detlef Jentsch ein umfangreiches Hygienekonzept bei der Stadt eingereicht. „Wir haben hier eine Einbahnstraßenregelung, alle müssen Maske tragen und sich die Hände desinfizieren", so der Auktionator. Außerdem werden von seinen 180 Plätzen nur 30 belegt, damit der Mindestabstand von 1,50 Metern immer gewährleistet ist. „Dennoch kommen viele meiner Stammkunden aus Angst vor der Corona nicht", weiß er – seit dem Frühjahr ist es bereits seine vierte Corona-Auktion. Sie würden dann schriftlich oder telefonisch ihre Gebote abgeben.
Anja Hustert
Quelle: www.nw.de