001   Johann Anton Castell, Blick vom Wolfshügel auf Dresden im Abendlicht. 1863. 15.000 € 001 Johann Anton Castell, Blick vom Wolfshügel auf Dresden im Abendlicht. 1863. 15.000 € - Mit freundlicher Genehmigung von: schmidtauktionen

Was: Auktion

Wann: 19.09.2020

Die Stadt Dresden faszinierte die Künstler - über Jahrhunderte hinweg. Das lässt sich an dem Angebot der diesjährigen Herbstauktion unseres Hauses eindrücklich nachvollziehen. Johann Anton Castell, ein Schüler Johann Christian Clausen Dahls, hat sie immer wieder gemalt - besonders gern in abendlichem Licht vom Wolfshügel am Rande der Dresdner Heide aus. Eine solche…
Die Stadt Dresden faszinierte die Künstler - über Jahrhunderte hinweg. Das lässt sich an dem Angebot der diesjährigen Herbstauktion unseres Hauses eindrücklich nachvollziehen. Johann Anton Castell, ein Schüler Johann Christian Clausen Dahls, hat sie immer wieder gemalt - besonders gern in abendlichem Licht vom Wolfshügel am Rande der Dresdner Heide aus. Eine solche großformatige Ansicht aus dem Jahr 1863 kann das Haus in dieser Auktion anbieten: Eingerahmt von einer pittoresken Naturkulisse eröffnet sich dem Betrachter in diesem Gemälde das im Sonnenuntergang erglänzende Elbtal, in dessen Mittelgrund hell das damals gerade erst erbaute, repräsentative Schloss Albrechtsberg leuchtet. Das Werk in ausgezeichneter malerischer Qualität hat eine Schätzung von 15.000 Euro.

Einen ganz nahsichtigen Blick auf seine Heimatstadt malte Hans Kinder 1928, noch als Student der Dresdner Kunstakademie, mit dem Werk "Alaunstraße Dresden", Öl auf Sperrholz, Schätzung 6.000 Euro. Es ist eines der wenigen erhaltenen Ölgemälde des Künstlers dieser Zeit, die zwar gegenständlich, jedoch schon in reduziert - flächiger Formensprache auf sein späteres Werk voraus weisen. Es zeigt einen Hinterhof in der Dresdner Neustadt bei Nacht. Durch Lichtführung und ein konturiertes Gefüge farbig leuchtender, in sich strukturierter Hell-Dunkel-Flächen erreicht der Künstler einen atmosphärischen Gesamteindruck von lebendiger, malerischer Qualität.

Nahezu zeitgleich, 1931, entstand der ebenfalls nahsichtige "Blick zwischen den Häusern" der Künstlerin Elfriede Lohse-Wächtler. Die Dresdner Malerin, deren psychische Verfassung sie zwei Jahre zuvor zu einem Aufenthalt in der Psychiatrie in Hamburg-Friedrichsberg zwang, kehrte im Entstehungsjahr dieser Zeichnung aus wirtschaftlicher Not heraus in die elterliche Wohnung in die Voglerstraße 15 nach Dresden-Striesen zurück. Hier zeichnete die Künstlerin ihr unmittelbares Umfeld - die Villen, Gärten und Blickachsen des grünen Viertels, das ab 1856 in offener Bauweise als Vorort Dresdens entstanden war. Die kraftvolle Pastellkreidezeichnung, welche aus dem Nachlass der Künstlerin stammt, hat eine Schätzung von 2.500 Euro.

Auch eine zweite wichtige Werkgruppe - das Porträt - ist durch Arbeiten wichtiger Dresdner Künstler vertreten. So ist beispielsweise das "Bildnis eines jungen Mannes" von Wilhelm Lachnit aus dem Jahr 1938 Zeugnis eines inneren Rückzugs nach dem 1933 durch die Nationalsozialisten verhängten Mal- und Ausstellungsverbots. Das Bildnis zählt zu den wenigen überlieferten Porträts dieser Zeit und knüpft an Lachnits geheimnisvoll taktilen, nahezu altmeisterlich kontrastierenden Stil der späten zwanziger Jahre an. Die innere Emigration des Künstlers zeigt sich deutlich in den Darstellung des Porträtierten, in seinem abwesenden Blick und der zurückgezogenen Haltung. Der Tenor dieses Gemäldes ist nicht von widerständischer Aktion bestimmt, sondern vielmehr von der zermürbenden und quälenden Anstrengung des Überdauerns. Das Porträt ist mit 8.000 bis 9.000 Euro geschätzt.

Knapp 40 Jahre später malte Curt Querner das "Selbstbildnis in dunkelblauem Pullover und mit Mütze", Schätzung 5.500 Euro. Das ein Jahr vor seinem Tod entstandene Aquarell steht am Ende einer großen Werkgruppe von Selbstporträts, welche die persönliche und künstlerische Entwicklung des Künstlers widerspiegelt. In den 1930er Jahren zeigen sie ihn als rebellischen jungen, später als skeptischen alten Mann. Charakteristisch ist für alle Arbeiten der konzentrierte, ausdrucksvolle, zuweilen auch verbissene Blick des eigenständigen, selbstkritischen Künstlers. Die Auseinandersetzung mit seiner Persönlichkeit in Selbstbildnissen nahm bei Querner im Alter zu. Allein im Jahr 1971 entstanden mindestens 18 Ölgemälde und 15 Aquarelle dieser Kategorie. In seinem Tagebuch nennt er diese Arbeiten "Übungen", Ausdruck einer andauernden Selbsterkundung. Mehrmals malte sich Querner mit seinen wichtigsten Arbeitsinstrumenten in den Händen, den Pinseln. Sie werden attributiv demonstriert. Dabei zeigt der Künstler sich weder im aktiven Prozess des Malens, noch weisen die Hintergründe ateliertypische Interieurgestaltungen auf oder beziehen die Darstellung eines Modells mit ein. Im Mittelpunkt steht immer nur eines: das Gesicht.

Otto Dix erlebte den Ersten Weltkrieg als Soldat an der Front und hielt in schonungsloser Weise seine Eindrücke in zahlreichen Zeichnungen fest. Durch die "wahnsinnige Übung von vier Jahren", wie Dix diese Zeit nannte, erwarb er sich ein künstlerisches Formenreservoir, eine manuelle Perfektion sowie eine absolute Sicherheit des optischen Zugriffs. So schuf Dix in einer Phase produktiver Freiheit in direktem Kontakt mit seiner gesellschaftlichen Umwelt Arbeiten von provokativer Schärfe und Eindringlichkeit: drastische sozialkritische Darstellungen als Ausdruck einer desolaten Zeitstimmung. Es sind grotesk deformierte Gestalten, Menschen unterschiedlichster Gesellschaftsschichten wie Dirnen, Matrosen, Spieler, Arbeiter, Zirkusgestalten aber auch vornehme Großstädter, die bei Dix agieren. Radikal, oft in ironischer und parodistischer Weise legt Dix in seinen Arbeiten psychologische Wahrheiten frei. In dieser Zeit, 1920, entstand die mit 18.000 Euro geschätzte Radierung "Matrose und Mädchen", welche ein Jahr später in der Mappe "Radierwerk II. 5 Radierungen" in einer Auflage von 20 Exemplaren erschien. Dix interpretierte den Typus des Matrosen als einen freien, exzessiven, antibürgerlichen Männertypus. Der Matrose bot dem Künstler eine Projektionsfläche, freie Sexualität zu zeichnen, die außerhalb bürgerlicher Normen im Hinblick auf die Geschlechterrollen eine Gleichwertigkeit impliziert. Die Gespielin des Matrosen ist das Mädchen bzw. die Prostituierte. Die Zigarette im Mund mit direktem, selbstbewussten Blick kann sie als eine ihrem Begleiter "gleichwertige antibürgerliche Randfigur der Gesellschaft" gesehen werden. Das bemerkenswerte Blatt aus dem Nachlass Friedrich Bienerts ist mit 18.000 Euro geschätzt.

Im Bereich des Kunsthandwerkes sollte der "Bär" aus dem Tafelaufsatz "Reineke Fuchs" von Max Esser, Meissen, entworfen 1922, nicht unerwähnt bleiben. Die Figur, welche vom Künstler eigenhändig signiert und datiert ist, gehört zu einem aus 75 Teilen bestehenden Ensemble in Anlehnung an Johann Wolfgang von Goethes' Epos. Dieser gilt als eines der Hauptwerke der Pfeifferzeit, in Anlehnung an die barocke Tafelkultur als Gesamtkunstwerk konzipiert. Die bewegte, außerordentlich fein staffierte Figurine ist mit 2.400 Euro geschätzt.

Zur Vorbesichtigung lädt das Haus vom 10. September bis 18. September 2020 in der Zeit von 10 bis 20 Uhr, Sa. von 10 bis 16 Uhr, unter Beachtung der behördlichen Auflagen zur Beschränkung der maximalen Kundenanzahl im Geschäft sehr herzlich ein.

AUSGESUCHTE KÜNSTLERNikolai Vasilievich Alexeev | Bartold Asendorpf | Rudolf Ausleger | Bernardo Bellotto, gen. Canaletto | Albert Heinrich Brendel | Kurt Bunge | Johann Anton Castell | Otto Dix | Arno Drescher | Michael Dresden Arlt | Albert Ebert | Elisabeth von Eicken | Walter Eisler | Max Esser | Max Feldbauer | Walter Friederici | Helene Funke | Sergei Gerasimov | Alexander Gerbig | Christian Friedrich Gille | Hermann Glöckner | Richard Guhr | Herta Günther | Johannes Heisig | Ursula Hensel-Krüger | Otto Herbig | Erhard Hippold | Matthias Zágon Hohl-Stein | Johann Baptist Homann | Günter Horlbeck | Sorin Ilfoveanu | Hans Jüchser | Werner Juza | Johann Joachim Kaendler | Friedrich August Kannegießer | Edmund Kesting | Manfred Kielnhofer | Hans Kinder | Bernhard Kretzschmar | Andreas Küchler | Gotthardt Kuehl | Michael Kunert | Gero Künzel | Wilhelm Lachnit | Emily Lengnick | Eduard Emil August Leonhardi | Carl Lohse | Elfriede Lohse-Wächtler | Wilhelm Morgner | Albert Ernst Mühlig | Judith Ostermeyer | A.R. Penck | Stefan Plenkers | Friedrich Preller d.J. | Curt Querner | Hans Theo Richter | Adrian Ludwig Richter | Theodor Rosenhauer | Wilhelm Rudolph | Helmut Schmidt-Kirstein | Sascha Schneider | Rudolf Schramm-Zittau | Alois Gustav Schulz | Georg Siebert | David Teniers d.J. | Fritz Tröger | Utagawa Hiroshige | Bruno Voigt | Johann Georg Wagner | Adolf Wilhelm Walther | Albert Wigand | Paul Wilhelm | Rainer Zille | u.v.a.

Tags: Antiquitäten, Druckgrafiken, Glas, Malerei, Meissen, Möbel, Otto Dix, Porzellan, Schmuck, Silber

65. Kunstauktion  -  19. September 2020
Vorbesichtigung ab 08. September, Mo-Fr 10-20 Uhr, Sa 10-16 Uhr

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