Auch der jüngere Heinrich Christian hatte eine große zeichnerische Begabung, aber er kam erst einmal in die…
Auch der jüngere Heinrich Christian hatte eine große zeichnerische Begabung, aber er kam erst einmal in die…
Auch der jüngere Heinrich Christian hatte eine große zeichnerische Begabung, aber er kam erst einmal in die Schreinerei zur Ausbildung. Schreiner war ja schon der Vater gewesen, aber Heinrichs Interesse war breiter und so muss er als Geselle mit Sicherheit einige Jahre lang in Frankreich gearbeitet und gelernt haben, bis er sich 1881 – mit 33 Jahren – in Karlsruhe selbständig machte mit einer Spezialwerkstätte, die es in dieser Form in Deutschland bisher so gut wie gar nicht gab. "Heinrich Maybach – Werkstätte für Marketerie" firmierte das Unternehmen, das in Karlsruhe ansässig wurde, nachdem er 1875 die aus Karlsruhe stammende Auguste Heckmann geheiratet hatte. Sich selbst bezeichnet er in der Zwischenzeit nicht mehr als Schreiner, sondern als "Bildhauer" oder "Holzschnitzer". Denn das, was er machte, "Marketerie", war eine Holz-Dekorationstechnik, die in Deutschland bislang kaum bekannt war, das zeigt schon die Eindeutschung des Begriffes aus dem französischen "Marqueterie." Das sind figurale Holzarbeiten ähnlich einer Intarsienarbeit, aber doch technisch verschieden. Während aber bei der Intarsientechnik dünne Holzplättchen in das wertvolle Vollholz eingearbeitet werden, fügt der Kunsthandwerker bei der Marketerie Holzscheiben, bisweilen auch Metallteile furnierartig zusammen. Die entstehenden Bilder, geometrische Dekore, Darstellungen aus der Natur wie Blumen, Blätter o.ä., auch Menschen, ja richtige Szenen werden komplett vorgefertigt und dann auf einfaches, günstiges Blindholz aufgeleimt. Hierbei sind die verschiedenen Holzfarben wichtig, die Licht und Schatten darstellen können, aber auch Hintergründe und eine geradezu dreidimensionale Tiefe. Voraussetzung für solche Arbeiten sind neben der Schreinerausbildung eine gute zeichnerische Begabung, um die Entwürfe entsprechend zu skizzieren. Und diese Begabung hatte Heinrich Maybach, ebenso wie sein Bruder.
Die Firma muss in Zeiten des Historismus sehr schnell erfolgreich gewesen sein. Denn auch die Söhne Eugen und Karl haben den Betrieb übernommen und weitergeführt, und auf ihrer Visitenkarte liest man, was die Firma angeboten hat. "Werkstätte für Marketerie - Eingelegte Qualitätsarbeiten - Intarsien in allen Stilrichtungen - für den gesamten Innenausbau, Möbel, Firmenschilder, Holzbuchstaben, Holzmosaikbordüren, Wandschmuck, Kreuzwege". Das letzte Wort bezieht sich auf einen figurenreichen 14-bildrigen Kreuzweg, den die Firma für eine Karlsruher Kirche nach Original-Gemälden von Prof. Gebhard Fugel erstellte. Die schwarzweiß-Fotos davon, ebenso die Darstellung zahlreicher Heiliger finden sich im Nachlass der Enkelin, den das Konstanzer Auktionshaus Karrenbauer in der 263. Kunstauktion am 9. Juli 2016 versteigert. Aus Platzgründen wird ein Teil der Möbel und Intarsienbilder in der 264. Kunstauktion am 1. Oktober angeboten und versteigert.
Die gesamten Ergebnisse kommen der Deutschen Kriegsgräberfürsorge zugute. Zentrale Positionen dieses Nachlasses sind elf verschiedene Möbel, u.a. ein faszinierend interessant dekorierter Kabinettschrank in dessen Inneren wir einen Zettel fanden: "Meisterstück von Heinrich Maybach um 1875". Daneben weitere Salon-Möbel, einmal mit dem Text "Eigner Herd ist Goldes wert" sowie ein eintüriger Schrank, datiert 1879, Halbschränke, und ein aufwendig gestaltetes Schreibmöbel, dazu ein Tisch mit einer Bank usw. Hier kann man die Marketeriearbeiten genau betrachten: auf der Vorderseite ist der Dekor hell auf dunklem Grund, auf der Rückseite gleicher, aber dunkler Dekor auf hellem Grund. Dazu kommen zwei sehr interessant intarsierte Wand- bzw. Kaminuhren, ein Thermometer/Barometer u.a. Sämtliche Objekte stammen natürlich aus eigener Produktion; es sind wohl Einzelstücke und sie repräsentieren geradezu vorbildlich die Qualität, aber auch die breiten dekorativen Möglichkeiten der Marketerie im Historismus. Da gibt es zahlreiche dekorative, geometrisierende Kassettenauflagen, ebenso figurative Darstellungen, auch Schnitzarbeiten, natürlich im typischen, reich geschmückten Historismus der Jahrhundertwende, der bisweilen in den Jugendstil übergeht. Solch spezielle Einzelmöbel sind recht selten und waren bislang kaum zuzuordnen. Sie sind sämtlich in gutem Zustand. Aber die Karlsruher Firma produzierte auch Marketerie-Wandbilder im gleichen Stil wie die Darstellungen des Kreuzweges. Auch davon gibt es etwa zehn verschiedene Objekte: Portraits, Schwarzwaldlandschaften etc., alle gerahmt und in perfektem Zustand. Schließlich findet sich noch eine große Mappe mit etlichen Entwürfen figürlicher Art, gezeichnet vom Bruder der Erblasserin, Wolfgang Maybach, der die figurale Malerei an der Karlsruher Kunstakademie studiert hatte, aber 1944 im Krieg fiel.
Die beiden Brüder Wilhelm und Heinrich Maybach blieben das ganze Leben über in gutem Kontakt, das beweisen nicht nur die beiden einander sehr ähnlichen Firmenzeichen, beide mit den Anfangsbuchstaben der Vornamen und Namen in ovalem Rahmen, die übrigens als Stempel rückseitig auf zahlreichen angebotenen Objekten zu finden sind. Es gibt auch ein Foto, datiert 1925, auf dem die beiden Brüder ihre Ehefrauen sowie die Söhne und Enkel zu sehen sind, rückseitig datiert und die einzelnen Personen bezeichnet.
Der gesamte Nachlass bietet einen guten Einblick in die Gründerzeit und die Stilepoche des Historismus, die Zeit der ersten deutschen Kaiser nach der Gründung des deutschen Reiches 1871.
263. KunstauktionGanz herzlich möchten wir Sie auch in diesem Sommer wiederum einladen zu unserer großen 263. Kunst- und Antiquitäten-Auktion am 9. Juli 2016 um 14 Uhr. Ein offizieller Anruf, ein Nachlass ist zu bewerten, ein kleines Einfamilienhaus, in einer Siedlung am Bodensee. Das geht schnell, denkt man, aber bereits der Name an der Tür lässt stutzen: "Maybach"? Da gab es doch einen genialen Motoren- und Autoingenieur Wilhelm Maybach, der zusammen mit Daimler und Zeppelin... Das Erstaunen ist schnell geklärt, es handelt sich um das Erbe des Bruders von Wilhelm – nämlich Heinrich Maybach, Großvater des hier Verstorbenen. Heinrich Maybach war ebenso genial wie Wilhelm, nur nicht in Metall, sondern in Holz; er war Kunst- und Möbelschreiner der Gründerzeit, lebte in Karlsruhe. Leider ist er völlig in Vergessenheit geraten, obwohl sein Werk – wie erst jetzt neu zu ermitteln – ebenfalls einzigartig war. Wir haben den Nachlass übernommen und aufgelistet mit zahlreichen Fotos und Unterlagen,sowie Werkobjekten seiner Firma.
Es ist immer wieder faszinierend, was alles so vererbt wird, was abgegeben wird oder auch werden muss, und was sich innerhalb von 1 ½ bis 2 Monaten aus etwa 80 bis 100 Nachlässen und Einlieferungen für die kommende Auktion in unserem Hause angesammelt hat. Das spüren Sie schon bei der Vorbesichtigung am Samstag ab 2. Juli und noch viel mehr bei unserer Auktion am Samstag, 9. Juli, wenn wir mit dem Schmuck beginnen. Ja, wenn die schönen und seltenen Schmuckstücke aus ihrem Leben erzählen könnten, von der Freude des Kaufens, Schenkens, vom Vorzeigen und Getragen werden, auch von guten und schlechten Zeiten. Bisweilen spüren wir geradezu einen Hauch dieser Geschichten, wenn wir die interessanten Einzelstücke begutachten und beschreiben. Aber auch Sie können bei vielen unserer Objekte solch einen Hauch erleben – man muss sich nur darauf einlassen. Das gilt nicht nur für den Schmuck, die tollen Armband- und Taschenuhren unseres Angebots mit großen Namen wie IWC, Ebel, Bucherer, Jaeger Le Coultre u.a. sind ebenfalls so interessant wie vielseitig. Und das gilt diesmal auch für unser breites Bücherangebot, regional interessante Werke, wie auch historische Themen, die Titel müssen Sie überfliegen, da ist Leben drin. Und echtes Sammlerleben steckt auch in den zahlreichen großen Lots Briefmarken-, Postkarten, Münzen und Notgeld, die wir ganz frisch aus privater Hand anbieten. Nehmen Sie diese Sammlerfreude ihrer Vorgänger mit in Ihr eigenes Leben.
Varia ist eine Abteilung, in der man immer wieder skurrile Objekte findet, u.a. Fasnachtsmasken und ein Vogel im Käfig, 19. Jh., der immer noch wunderbar pfeifen kann. Im Spielzeug bedienen wir diesmal männliche und weibliche Sammler mit Käthe Kruse-Puppen, Puppenhausgeräten, ebenso wie mit H0-Eisenbahnen von Märklin bis Liliput, die meisten Objekte noch original verpackt. Auch unsere Historica erzählen Geschichte, so die beiden badischen Reservistenkrüge mit dem Text: "Wer Frankreichs Grenze hat bewacht, hat als Soldat was mitgemacht". Nach der Rubrik Glas finden Sie in dieser Auktion diesmal auch Künstlerglas. Wir präsentieren eine tolle Sammlung edler Eisch-Gläser, alles ganz außergewöhnliche Einzelstücke des international bekannten Glas-Künstlers; die müssen Sie sich ansehen. Aber ansehenswert ist auch wieder einmal unser schönes Angebot in Porzellan mit seltenen bemalten und goldverzierten MeissenSchalen und verschiedenen Servicen bekannter Manufakturen. Fehlt Ihnen dazu noch ein echtes SilberBesteck? Wir haben mehrere klassische Bestecke, sehr gut erhalten, sehr preiswert. Dazu gibt es Kleinobjekte wie russische, emaillierte Löffel des 19. Jh. oder eine schöne Kaviarschale. Es folgt Keramik, dann Religiöse Kunst mit Ikonen, Kreuzen, Hinterglasbildern, Heiligenfiguren, u.a. Bei den Skulpturen ragt eine wunderbare moderne Arbeit von Silvia Reiser heraus, die auf weltweiten Ausstellungen und nach Fernseh- sowie Presseberichten schon etliche Preise gewonnen hat. Interessant ist auch das Pinguinpaar von Gotthilf Schlatter.
In der Rubrik Dekorative Graphik präsentieren wir verschiedene Stadtansichten, dazu einige interessante Plakate aus längst vergangenen Zeiten. Künstlergraphik ist diesmal eine sehr große Abteilung und bietet geradezu einen Querschnitt durch die Moderne mit Namen, die jeder kennt, wie M. Chagall, J. Friedlaender, I. Osswald-Lüttin, R. Trockel, D. Richter, A.Warhol, P. Picasso u.a. Und diese Qualität setzt sich in der Abteilung Gemälde fort, auch hier dominiert die Moderne mit Namen wie Kani Alavi, Max Ackermann, Max Ernst, dazu Otto Reiniger und H. Pötzelberger, wichtige Vertreter des schwäbischen Impressionismus, sowie eine Silberstiftarbeit von Otto Dix, "Tal bei Aach", dann Arbeiten von R. Dilger, K. Schönleber, E. Bizer, B. Schneider Blumberg, P. Körber, O. Marquardt, H. Hauber, K. Möritz, G. Macco, H. Rombach, H. Sauerbruch, H. Stadelhofer, H. Tiebert, H. Thamm, um nur einige zu nennen. Wie man sieht, ist die Region auch hier wieder sehr gut vertreten.
Es folgt der erste Teil des Nachlasses Heinrich Maybach mit zahlreichen Fotos, Zeitungsausschnitten, Entwürfen, Marketeriearbeiten und Intarsienbildern, gewissermaßen der Vorläufer zu den wunderbaren Gründerzeitmöbeln des Künstlers, darunter auch sein Meisterstück um 1878, ein Kabinettschrank mit reicher Dekoration in Flachschnitzerei, Marketerie und Intarsien, in perfektem Zustand. Aus Platzgründen finden Sie jedoch in dieser Auktion nur den ersten Teil, denn wir bieten natürlich auch andere Möbel an, so der hochinteressante Renaissance-Dielenschrank, datiert 1688, wohl ein Hochzeitsschrank der zweiten Generation, nach dem Ende des 30-jährigen Krieges 1648, als die Welt so langsam wieder heil wurde. In der Einrichtung zeigen wir seltene und schöne Objekte, u.a. verschiedene Tischlampen. Sogar H. Maybach kommt bei den Wand-/ Kaminuhren wieder. Aber Sie finden auch frühe, seltene Uhren, Ende 18. Jh./Anf. 19. Jh. sowie eine große, interessante Kuckucksspieluhr. Zu diesen schönen Objekten passen die Teppiche in gutem Zustand, teils mit seltenem Dekor.
Auktionshaus Karrenbauer
263. Kunst- und Antiquitäten-Auktion am 9. Juli 2016 um 14 Uhr.
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