München, 23. Oktober 2015, (kk) – Unmoralisch und verwerflich oder freizügig und einfach anders? Was noch Anfang des 20. Jahrhunderts den Künstler in Misskredit brachte, zählt heute zu den großen Meisterwerken des Wiener Expressionismus. Nun kommt Egon Schieles „Mädchen mit Federboa“ im Rahmen der Auktion Klassische Moderne / NACH 1945 / Zeitgenössische Kunst vom 3.-5. Dezember 2015 bei Ketterer Kunst in München zum Aufruf.Die Frontalität und Freizügigkeit des 1910 entstandenen Mädchenakts, gepaart mit einer aggressiven, nichts beschönigenden Farbigkeit widersprachen nicht nur dem damaligen ästhetischen Empfinden, sondern auch den geltenden moralischen Vorstellungen. So war es nicht verwunderlich, dass der Künstler mit dieser Arbeit provozierte. Doch gerade das Jahr 1910 zeigt im Werk Egon Schieles eine große Fortentwicklung der stilistischen Mittel, die sich in der Intensivierung der Farbigkeit und der Stellung der Figuren vor einem frei belassenen Hintergrund ausdrückt. Zu Anfang des Jahres konturiert der Künstler die Figuren seiner Modelle mit kräftigen schwarzen Kohlelinien, während er später zur Verwendung des Bleistifts übergeht und sich stärker den Details von Gesicht und Haar zuwendet. Auch führt gerade die Wahl junger und dementsprechend ungeduldiger Modelle den Künstler zu einer zügigeren und spontaneren Arbeitsweise. Schiele beginnt außerdem um die Jahresmitte, mit Gouachefarben zu experimentieren, die er, wie hier, bevorzugt zur Akzentuierung von Draperien und Stoffen benutzt. Damit steht dieser Akt, der mit € 600.000-800.000 bewertet ist, exemplarisch für die künstlerische Entwicklung Egon Schieles in dieser Zeit.
Weitere Glanzlichter im Bereich der Klassischen Moderne kommen neben Werken von Erich Heckel („Hügellandschaft“, Taxe: € 450.000-550.000), Paula Modersohn-Becker („Kinder vor Bauernhaus/Birkenstämme und Haus“, Taxe: € 300.000-400.000), Lyonel Feininger („The Baltic (V- Cloud)“, Taxe: € 250.000-350.000), Ernst Barlach („Der Bettler“, Taxe: € 200.000-250.000) und Georg Schrimpf („Stillende Mutter“, Taxe: € 140.000-180.000) u.a. von Otto Dix, Conrad Felixmüller, Karl Hofer, Alexej von Jawlensky, Max Liebermann, Franz Marc, Otto Mueller, Emil Nolde und Pablo Picasso. Ein ganz besonderes Highlight setzen über 20 Losnummern aus dem Œuvre Gabriele Münters (siehe separate Meldung).
In der Kunst nach 1945 bestechen neben mehreren im sechsstelligen Schätzpreisbereich angesiedelten Meisterwerken von Günther Uecker und Heinz Mack (siehe separate Meldung) auch hochkarätige Arbeiten von Gerhard Richter („Abstraktes Bild“, Taxe: € 400.000-600.000), Anselm Kiefer (Maria im Rosenhag“, Taxe: € 250.000-350.000), Sean Scully („Uist“, Taxe: € 200.000-300.000), Shozo Shimamoto (Taxe: € 150.000-250.000), Gotthard Graubner („Camelionid“, Taxe: € 150.000-250.000) sowie spannende Werke u.a. von Agostino Bonalumi, Günther Förg, Rupprecht Geiger, Roy Lichtenstein, Marino Marini und Sigmar Polke.
An der Spitze der Abteilung Zeitgenössische Kunst stehen neben einer mit € 60.000-80.000 angesetzten Arbeit von Jonas Burgert auch so renommierte Künstler wie Anselm Reyle (Taxe: € 50.000-60.000), Jason Martin („Chaperon“, Taxe: € 28.000-32.000).