Die vergessene Kunst der Büchsenmeister - Alte Waffen und Rüstungen bei BonhamsAusgewählte Waffen großer Männer der vergangenen 500 Jahre im Angebot bei Bonhams am 23. Juli 2015
LONDON. An Kunst denkt man vielleicht nicht gleich, wenn das Thema Waffen aufkommt. Die Büchsenmeisterei jedoch hatte in früheren Jahrhunderten so wenig mit Tod und Sterben zu tun wie die zu deren Verzierung verwendeten Motive: Rosen, Tulpen, Meerjungfrauen, Drachen und vieles mehr.
Die Namen der größten Büchsenmeister waren in ganz Europa so bekannt wie die der großen Winzer, Kutschenbauer und Künstler. Sie alle wurden früher oder später von den Herrscherhäusern entdeckt, beauftragt und an ihren Höfen und Palästen ansässig gemacht. Ihre Handwerkskunst war eine Frage von Dekoration und Funktion, die zusammen aufgeboten wurden, um den Status des Königs zu unterstreichen.
In heutiger Zeit wird alte Büchsenmeisterei von einem ausgewählten Kreis von Sammlern geschätzt, die in diese Artefakte aus reiner Liebhaberei investieren. Ihre Bewunderung gilt der Geschichte, der handwerklichen Qualität, der ästhetischen Gestaltung und nicht einfach nur einer Waffe.
Bedeutende Beispiele dieses so gut wie ausgestorbenen Handwerks werden bei der kommenden Auktion Alte Waffen und Rüstungen, die am 23. Juli 2015 bei Bonhams in Knightsbridge durchgeführt wird, in großer Vielfalt angeboten.
"Die Auktion ist wie ein Schnappschuss der Büchsenmeisterei", sagt David Williams, Leiter der entsprechenden Abteilung bei Bonhams. "Früher haben sich die Herren ziemlich viel Gedanken über die Gestaltung ihrer Waffen gemacht. Man kann sie heutzutage mit dem Käufer eines Aston Martins vergleichen: Er beschäftigt sich mit der individuellen Innenausstattung aus feinem Holz, edlem Leder und dezentem Dekor und wägt die Kosten ab".
Die Wahl der Waffe war ebenso eine Frage von Luxus - bei den indischen Maharaschas genauso wie in den europäischen Königsfamilien. Sie war ein Statussymbol und sollte dem Ruhm des Herrschers zur Ehre gereichen, was in der Verwendung edler Materialien wie Elfenbein, Edelsteinen, Gold, Silber, Perlmutt und Edelhölzern zum Ausdruck kam.
An einigen der hier angebotenen Waffen ist allerdings nichts dezent. Eine kaum zu überbietende Meisterleistung stellt eine osteuropäische Radschlossbüchse (Tschinke) dar; sie stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist vom Kaliber 60, hat einen Achtkantlauf und war einst im Besitz der Prinzen zu Salm-Reifferschiedt-Dyck; sie ist mit Messinggravuren verziert und hat vergoldete Dekorelemente wie Ranken, Vögel, Blumen und Blätter (Losnummer 306, Schätzpreis 14.000/20.000 €).
Eine ganz andere Art der Dekoration ist bei einem Paar kleiner Feldkanonen des 17. Jahrhunderts zu sehen. Dabei handelt es sich um eine vermutlich holländische Arbeit aus Bronze, deren obere Seiten und die delphinförmigen Handhaben in Ziseliertechnik mit einem Dekor von Blättern und Wappen verziert wurden (Losnummer 205, Schätzpreis 11.000 bis 14.000 €).
Wahrscheinlich aus Mexiko stammt das Paar südamerikanischer Steinschlosspistolen (Typ Miquelet) des späten 18. Jahrhunderts. Sie sind vom Kaliber 20 und haben charakteristische Silbermontierungen mit graviertem Rankenwerk und der Bezeichnung 'Ambrosi' auf dem Verschluss (Losnummer 334, Schätzpreis 17.000/21.000 €).
In Spanien wurde ein 1712 datiertes, silbermontiertes Jagdgewehr (Typ Miquelet) vom Kaliber 20 gefertigt. Die Waffe beeindruckt mit ihren figürlichen Darstellungen aus der antiken Mythologie, wobei auf der einen Seite Amor, Triton, Pan, Minerva, die Zwillingen Eros und Anteros, die von Satyr zu Venus geführt werden, zu sehen sind und auf der anderen die Siegesgöttin, ein Krieger-Paar, ein Feldlager und eine Kampfszene; das Gewehr war bereits im National Museum of American History (The Smithsonian Institution) in Washington D.C. ausgestellt (Losnummer 305, Schätzpreis 5.700/7.100 €).
Eine ganz andere Art der Gestaltung, nämlich sehr zurückhaltend und von feinster Qualität, ist das Paar englischer Duellpistolen im Kasten. Es handelt sich um ein Paar Steinschlosspistolen vom führenden Büchsenmacher Durs Egg (1766-1891), der 1772 für John Twig in London tätig war. Durs Egg stammte aus der Schweiz und gilt als einer der bedeutendsten Londoner Büchsenmeister. Er arbeitete für George IV. und den Duke of York. Beispiele seiner Arbeit befinden sich in der Royal Collection, Windsor Castle. Dieses sehr gut erhaltene Paar kommt aus einer Zeit, in der das Duellieren üblich war (Losnummer 487, Schätzpreis 21.000/25.000 €).
Die Auktion umfasst 487 Losnummern, darunter Schwerter, Säbel, Messer, Helme und vieles mehr aus Japan, Indien, Türkei und anderen Ländern.
Katalog online unter bonhams.com/auctions/22991