Gemälde Alter MeisterDie große kunsthistorische Bedeutung und seine bewegte Geschichte machen das Tondo „Madonna mit Kind, Johannes dem Täufer und einem Engel“ von Sandro Botticelli und seiner Werkstatt zum glanzvollen Höhepunkt in der Herbstauktion der Alten Kunst (Schätzpreis: € 260.000 – 300.000). Das wertvolle Marientondo war ehemals Teil der umfangreichen jüdischen Sammlung Nardus, aus der es 1942 von den Nazis beschlagnahmt und 1943 bei Lempertz verkauft wurde. Die Erbin des Gemäldes ahnte vermutlich nichts von der problematischen Geschichte des Bildes. Nach ihrem Tod wurde das Tondo bei Van Ham eingeliefert, woraufhin das Kölner Auktionshaus eine Einigung zwischen den Parteien herbeiführen konnte. Dass solch ein bedeutendes Werk auf dem deutschen Auktionsmarkt auftaucht, ist, ebenso wie der ausgezeichnete, originale Zustand, eine absolute Seltenheit. Anhand der technischen Analyse wurden zudem Arbeitsabläufe und Techniken des toskanischen Meisters in seiner Werkstatt deutlich. Gaudenz Freuler, Verfasser des Gutachtens zu dem Tondo, schreibt„…Die Wiederentdeckung des vorliegenden Renaissance Tondos aus rheinischem Privatbesitz eröffnet uns einen faszinierenden Einblick in die rege Aktivität einer der erfolgreichsten Malerwerkstätten der florentinischen Renaissance, jene Sandro Botticellis…“. Bitte beachten Sie die separate Pressemeldung zu dem Tondo Sandro Botticellis und Werkstatt.
Neben diesem außergewöhnlichen Meisterwerk des 15. Jahrhunderts tauchen weitere spannende Altmeistergemälde in der Auktion auf. Für die Kölner Stadtgeschichte besonders interessant ist das Triptychon mit Stifterporträts von Bartholomäus Bruyn d.J. aus einer rheinischen Privatsammlung (Schätzpreis: € 15.000 – 20.000). Die dargestellten Stifter, Ratsherren und Richter des ausgehenden 16. Jahrhunderts waren Zeitgenossen und Bekannte des Kölner Chronisten Hermann von Weinsberg. Vor allem mit Anna von Niel, dargestellt auf der rechten Tafel, war Weinsberg besonders verbunden. Ein weiteres Highlight unter den Altmeistern ist die Darstellung „Maria Lactans auf der Mondsichel“ aus dem Umkreis des Meisters der Magdalenenlegende (Schätzpreis: € 35.000 – 40.000) aus einer nordrheinwestfälischen Privatsammlung. Die feine Malerei auf einer Eichentafel entstand um 1485/90.
Gemälde des 19. JahrhundertsBei den Gemälden des 19. Jahrhunderts wartet Van Ham mit einer spektakulären Wiederentdeckung auf. Das verschollene Gemälde „Bergkapelle im Winter“ von Ernst Ferdinand Oehme wurde dem Kunstberater Sascha Tyrra angeboten, der die kunsthistorische Sensation schnell erkannte. Durch seine intensive Recherche und die produktive Zusammenarbeit mit den Experten von Van Ham kann das Werk nun als eines der Highlights der Herbstauktion angeboten werden (Schätzpreis: € 60.000 – 80.000). „ Das Gemälde „Bergkapelle im Winter“ ist ein Hauptwerk des Künstlers aus dessen fruchtbarster Schaffenszeit“ schreibt Hans Joachim Neidhardt in seinem Gutachten. „Zugleich markiert es einen Höhepunkt der Malerei der deutschen Spätromantik. Im gleichen Jahr 1842 malte Ludwig Richter das große Bild „Abendandacht“ und Moritz von Schwind ein Jahr später „Der Ritt Kunos von Falkenstein“ – beide im Museum der bildenden Künste Leipzig. Carl Spitzwegs bekanntestes Bild „Der arme Poet“ (1835) war wenige Jahre zuvor entstanden. Mit der „Bergkapelle im Winter“ gesellt sich Oehme zu dieser Troika.“ Als weiteres Werk der Dresdner Schule kommt Johan Christian Clausen Dahls „Grotte am Posilipp bei Mondschein“ zum Aufruf (Schätzpreis: € 20.000 – 22.000). „Die temperamentvolle Malerei und die grandiose Szenerie, in der Naturgewalt, Verfall einstiger Menschenmacht und dürftiges Alltagsdasein sich begegnen, lassen sich mühelos in das Werk von Johan Christian Clausen Dahl einordnen“, schreibt Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan. Zudem liefert Gotthard Kühl eine Ansicht Dresdens. Die lichtdurchflutete Szene lenkt den Blick auf die Kreuzkirche am Dresdner Altmarkt (Schätzpreis: € 15.000 – 20.000).
Einen weiteren Höhepunkt bildet die umfangreiche, mittelrheinische Sammlung Clemens Stinner, bestehend aus rund 70 Gemälden des französischen Impressionismus. Diese Sammlung wird in einem Sonderkatalog präsentiert und beinhaltet u.a. spannende Werke von Gustave Loiseau, Charles François Daubigny und Jules Achille Noël. Als Hauptwerk in dieser attraktiven Kollektion gilt Félix Ziems „Segler auf dem Bosporus vor Istanbul“ (Schätzpreis: € 100.000 – 120.000). Die Szene, mit der Hagia Sophia im Hintergrund, gehört zu den bedeutendsten Werken mit orientalischem Motiv des Künstlers.
Zu den spannendsten und exotischsten Künstlern unter den Orientalisten gehört der javanische Prinz Raden Saleh Ben Jaggia. 2011 erzielte Van Ham für sein Gemälde „In letzter Not“ einen internationalen Auktionsrekord in Höhe von 2 Mio. Euro. In diesem Herbst fasziniert seine einzigartige Darstellung „Kampf zwischen einem javanischen Rhinozeros und zwei Tigern“ (Schätzpreis: € 80.000 – 100.000). Zu der bislang unbekannten Entdeckung schreibt Dr. Werner Kraus: „Wie der Kampf ausgehen wird ist nicht abzusehen. Das muss uns aber nicht weiter interessieren, da in Java Tiger und Nashorn in perfekter Koexistenz lebten und sich gegenseitig nicht bekämpften. So gesehen ist Salehs Komposition eine Erfindung, ein Zugeständnis an die orientalistischen Sehnsüchte des biedermeierlichen Dresdens. Typisch für Raden Saleh ist die feine Ausarbeitung der Tiger. Da sitzt jeder Strich.“
Zu den Klassikern des 19. Jahrhunderts bei Van Ham zählen auch in dieser Auktion stimmungsvolle Italienmotive von Oswald Achenbach, eine Venedigansicht von Friedrich Nerly sowie ein sommerlicher Garten von Max Clarenbach. Nach dem erfolgreichen Verkauf einer rheinischen Privatsammlung mit Werken von Robert Sterl im Frühjahr 2013, kommen nun weitere fünfzehn Arbeiten aus dieser Sammlung zum Aufruf mit Schwerpunkt auf seine russischen Arbeiten. Darunter besonders interessant ist die Ansicht des Hafens von Astrachan an der Wolga. Aus einem polnischen Dorf hingegen stammt die Winterszene „Abfahrt zur Jagd“ von Josef von Brandt (Schätzpreis: € 50.000 – 70.000). Ein außergewöhnliches Relief stammt von Franz von Stuck: Die Vorlage dieses mit Serpentintänzerinnen gestalteten Reliefs entwickelte von Stuck für sein Privathaus in München, in das ein Exemplar fest installiert ist (Schätzpreis: € 18.000 – 20.000).
Als Pendant muss man die beiden Porträts von Max Coschell betrachten, auch wenn die Entstehung zehn Jahre auseinander liegt (Schätzpreis: € 50.000 – 65.000). Von kunsthistorischer und gesellschaftlicher Relevanz sind die beiden Dargestellten: Es handelt sich um das jüdische Ehepaar Alfred und Margarethe Gold. Alfred Gold gehörte als Journalist und Autor zu den prägenden Persönlichkeiten der Wiener Moderne des späten 19. Jahrhunderts. Nach dem Ersten Weltkrieg war er als Kunsthändler mit eigenen Galerien in Berlin und Paris tätig und engagierte sich vor allem für die deutschen und französischen Impressionisten.
Vorbesichtigung7. – 11. November 2014
Copyright © 2024 findART.cc - All rights reserved