Unsere Gesellschaft mit relativ lange gewachsenen demokratischen Strukturen glaubt sich sicher und souverän durch die Strömungen der aufgeklärten Moderne bewegen zu können. Nun stellt sich die Frage, ob durch die aktuellen politischen Umbrüche wie die Flüchtlingskrisen, die wirtschaftliche Stagnation und durch die zunehmenden weltweiten Verteilungskämpfe um Einfluss und Ressourcen unsere demokratischen Werte und Freiheiten unter das Wasser der Xenophobie und des Nationalismus gedrückt werden. In der künstlerischen Arbeit von Karin Maria Pfeifer werden die gesellschaftlichen Schwimmversuche in einer sich abzeichnenden neuen politischen Ordnung und in den damit verbundenen unbekannten Strudeln aufgegriffen. Ihre Werke zeigen symbolisch diese Schwierigkeiten auf, in einer Deutlichkeit, die an der Entwicklungsreife der Gesellschaft zweifeln lässt, als wäre diese über Nacht ohne gröbere Anzeichen einfach regrediert, "absent without leave" (AWOL). Dabei stellt sich die Frage, ob die aktuellen Belastungen der europäischen Wertegemeinschaft so groß sind oder deren demokratisch-tolerante Fertigkeiten lange nicht so entwickelt waren, wie vermutet? Oder beides?Nun vollführt die Protagonistin verzweifelte Bemühungen, um wieder Oberwasser zu bekommen. Dabei entpuppen sich scheinbare Schwimmhilfen als Mühlsteine: statt Auftrieb zu verleihen, ziehen die aus Beton gefertigten Schwimmflügel in die Tiefe. Was für die Gesellschaft im Ganzen und Allgemeinen gilt, manifestiert sich auch im Kleinen und Persönlichen. Wie sicher bewegen wir uns in den gefährlichen Gewässern aktueller gesellschaftlicher Umbrüche? Wie bewegen wir Frauen uns gegen die Gewichte der patriarchalen Restbestände in der Gesellschaft. Welche emotionalen Fertigkeiten und psychologischen Sicherheitssysteme entpuppen sich dann, wenn das Fremde und Unbekannte uns plötzlich näher kommt und sei es in Form einer oftmals irreführend als Flutwelle bezeichneten Anzahl hilfesuchender Kriegsvertriebener, als ungeeignet oder gar als Bleigürtel, der uns unter die Oberfläche drückt und nach Luft schnappen lässt?
Die Situation schwemmt Ängste aus dem Freudschen Unbewusstsein hoch, die unsere scheinbar von uns domestizierte und kontrollierte Welt ins Wanken bringt. Es bleibt ein unsicherer Blick in die Zukunft.
Die Video-Installation von Karin Maria Pfeifer gibt hierauf keine vordergründige Antwort, die rettende Auflösung der künstlerisch skizzierten Zwangslage bleibt aus, das befreiende Atemholen geht und geht sich einfach nicht aus.
*sie verschwand.