Vom 5. Februar bis 1. Mai 2016 präsentiert das Kunsthaus Zürich «Dadaglobe Reconstructed». Die Ausstellung versammelt rund 160 Werke der Poesie und der Bildenden Kunst, welche Tristan Tzara 1921 für sein Buchprojekt «Dadaglobe» von 40 Künstlern aus aller Welt zugeschickt worden waren. Zum 100. Geburtstag von Dada sind die verstreuten Originale erstmals und für kurze Zeit in dieser Ausstellung vereint. Die damals nicht erschienene Publikation liegt endlich vor.Zum ersten Mal in Europa ist die Rekonstruktion des sagenumwobenen und geheimnisvollen, aber nie realisierten dadaistischen Buchprojekts «Dadaglobe» zu sehen. Wäre die Anthologie 1921 tatsächlich erschienen, würde sie heute zweifellos zu den ehrgeizigsten Veröffentlichungen der Dada-Bewegung zählen. Mit rund 200 eigens für diese Publikation entstandenen Kunst-, Bild- und Textbeiträgen aus zehn Ländern strebte der Dada-Mitbegründer und Urheber dieses Projekts Tristan Tzara (1896-1963) an, die Apotheose der Kunstbewegung als literarische und künstlerische Bewegung von internationaler Reichweite aufzufächern und für die Nachwelt dokumentarisch festzuhalten. «Dadaglobe» hätte ein Hohelied auf reproduzierte Kunstwerke sein sollen. Aufgrund finanzieller sowie organisatorischer Schwierigkeiten ist es aber nie zu dessen Veröffentlichung gekommen. Wo sich ein Opus Magnum befinden müsste, klaffte eine Lücke – im Zentrum der Rezeption des Dadaismus und im Zentrum der künstlerischen Produktion der Avantgarde generell. Hundert Jahre nach der Gründung des Dadaismus wird diese Lücke mit einer Ausstellung sowie einer umfassenden Publikation geschlossen. Die Ausstellung «Dadaglobe Reconstructed» rückt die Verhältnisse der berüchtigt rastlosen und schwer einzuordnenden Kunstbewegung in einen analytischen Fokus. Sie schreibt ein elementares, bisher fehlendes Kapitel der Geschichte der Moderne, in der Tzaras dadaistisches Erbe die Begriffswelt im Kunstdiskurs prägt.
MEILENSTEIN DER DADA-FORSCHUNG«Dadaglobe Reconstructed» stellt eine beeindruckende Rundumschau über die künstlerische Vielfalt, gesellschaftspolitische Relevanz und kunsthistorische Schlagkraft der Dada-Bewegung dar, mit Beiträgen von Hans Arp, Johannes Baargeld, Constantin Brancusi, Jean Crotti, Max Ernst, Hannah Höch, Francis Picabia, Man Ray, Sophie Taeuber und rund 30 weiteren Künstlerinnen und Künstlern. Sie vereinigten sich nicht etwa zu einem «Spasstrupp», sondern machten mit ihrer in Guerillataktik gegen das Establishment ausgeübten provokativen Kunst auf die brutalen gesellschaftlichen Verwerfungen des Ersten Weltkriegs aufmerksam.
WERTVOLLE, SELTEN ZU SEHENDE LEIHGABEN AUCH FÜR DAS MoMADie Ausstellung umfasst über 160 kleinformatige Arbeiten auf Papier. Darunter befinden sich Fotografien, Zeichnungen, Fotomontagen und Collagen sowie eine Reihe ausgewählter Lyrik- und Prosawerke, Manuskripte, Drucksachen und historisch relevante Dokumente. Eine Grosszahl dieser Werke stammt aus renommierten öffentlichen und privaten Sammlungen in Berlin, Paris und New York. Hervorzuheben sind insbesondere die Schätze aus der Bibliothèque littéraire Jacques Doucet, die rund ein Viertel der Leihgaben ausmachen. Die in New York ansässige Gastkuratorin und Initiantin des Projekts, Adrian Sudhalter, hat sie zusammengetragen, erforscht und gemeinsam mit der Kuratorin am Kunsthaus, Cathérine Hug, zu einer dichten Kabinett-Ausstellung arrangiert. Das Museum of Modern Art übernimmt die Ausstellung «Dadaglobe Reconstructed» und zeigt sie vom 12. Juni bis zum 18. September 2016.
PUBLIKATION GETREU DEN ANWEISUNGEN VON TRISTAN TZARADer Katalog in den Sprachfassungen deutsch und englisch erscheint im Verlag Scheidegger & Spiess und ist für CHF 66.- am Kunsthaus-Shop erhältlich. Die aufwändig und detailreich gestaltete Publikation beinhaltet neben einem umfassenden wissenschaftlichen Essay von Adrian Sudhalter die erstmalige Rekonstruktion von Tzaras Buchprojekt, indem sie den Anweisungen des Dadaisten so getreu wie möglich folgt. Beiträge von Anne und Michel Sanouillet, Cathérine Hug, Samantha Friedman, Lee Ann Daffner und Karl Buchberg vertiefen die gesellschaftliche und künstlerische Leistung des nicht abgeschlossenen «Dadaglobe»-Projekts. Auf rund 300 Seiten sind über 200 farbige Abbildungen und 100 schwarz/weisse Reproduktionen zu sehen – neben der Kunst und Textbeiträgen wie Gedichte, sind dies Tzaras Listen und Notizen sowie handschriftliche Briefe, die zwischen den Künstlern hin- und hergingen.