Ein Meisterwerk von Boccioni bereichert die Pinacoteca Divisionismo in Tortona und unterstützt die KrebsforschungEin bedeutendes Werk des italienischen Futurismus hat seinen Weg in die ständige Sammlung der Pinacoteca Divisionismo in Tortona gefunden: „La signora Maffi. Una maestra di scena“, ein Gemälde aus dem Jahr 1909 von Umberto Boccioni. Dieses Werk markiert eine entscheidende Phase in Boccionis künstlerischer Entwicklung und dokumentiert den Übergang vom Divisionismus zu den ersten futuristischen Tendenzen. Die Protagonistin des Bildes, die Schauspielerin Adalgisa Maffi, tritt mit einer plastischen Kraft und leuchtenden Präsenz auf, die den späteren Stil des Künstlers bereits erahnen lässt.
„Il ritratto della Maestra di scena Adalgisa Maffi“, so Pier Luigi Rognoni, Präsident der Fondazione Cassa di Risparmio di Tortona, „rappresenta senza alcun dubbio una tappa fondamentale nel percorso artistico di Umberto Boccioni. L’ingresso nella collezione della Fondazione C.R. Tortona permette alla Pinacoteca Divisionismo di documentare in maniera ancora più approfondita le influenze della tecnica pittorica divisa sui protagonisti della rivoluzione Futurista. Il fortuito incontro artistico con l’Istituto di Ricerche Farmacologiche Mario Negri ha dato vita ad una preziosa collaborazione pluriennale per il fondamentale sostegno alla ricerca scientifica.“
Das Gemälde wurde erstmals 1910 in Venedig bei Boccionis Einzelausstellung in Ca’ Pesaro gezeigt und kehrt nun durch eine beeindruckende Synergie zwischen öffentlichem und privatem Engagement in den italienischen Museumskreislauf zurück. Die Übernahme durch die Pinacoteca geht einher mit einer Geste von hoher symbolischer und sozialer Bedeutung: Die Erlöse aus der Übertragung des Werks kommen der onkologischen Forschung des renommierten Istituto Mario Negri zugute.
„Siamo profondamente grati alla Fondazione della Cassa di Risparmio di Tortona per questa importante donazione“, sagt Giuseppe Remuzzi, Direktor des Istituto Mario Negri, „che unisce il valore dell’arte al sostegno concreto della ricerca scientifica. Investire nella ricerca e nei giovani talenti significa costruire il futuro: significa credere nella conoscenza come motore di progresso e nella formazione come chiave per affrontare le sfide di domani. Il sostegno della Fondazione non è soltanto un aiuto concreto, ma anche un forte segnale di fiducia nei confronti della scienza e delle nuove generazioni.“
Bereits 2005 hatte das Institut Mario Negri eine großzügige Schenkung von Kunstwerken vom Professor Giuseppe Mattioli erhalten, mit dem Ziel, die Forschung des nach der Fondazione Nerina e Mario Mattioli – Onlus benannten Onkologischen Zentrums zu unterstützen. Die Werke trafen 2021 im Institut ein, unter ihnen auch das Gemälde „La signora Maffi“. Im Januar 2025 wurde das Werk schließlich durch eine großzügige Spende von der Fondazione della Cassa di Risparmio di Tortona übernommen. Diese verbindet mit dem Erwerb nicht nur ein kulturelles Ziel, sondern engagiert sich zugleich für die Förderung eines jungen Forschers mit einem dreijährigen Stipendium.
Doch auch die bewegte Provenienz des Gemäldes verleiht ihm eine besondere historische Tiefe. Die Kunsthistorikerin Sharon Hecker hat die Sammlungsgeschichte von „La signora Maffi“ rekonstruiert und dabei ein dramatisches Kapitel des italienischen 20. Jahrhunderts beleuchtet. Nach dem Tod Boccionis im Jahr 1916 gelangte das Werk in den Besitz seiner Mutter und später in die Sammlung des jüdischen Buchhalters Enrico Bachi aus Turin. Während der Jahre der Rassengesetze wurde die Familie Bachi verfolgt und enteignet. Das Gemälde entging den Konfiszierungen nur knapp und wurde von Freunden der Familie gerettet. Jahrzehntelang blieb es im privaten Besitz, ehe es 1961 von der Galleria La Bussola in Turin erworben und später von Mattioli übernommen wurde.
Die Ankunft von „La signora Maffi“ in Tortona ist kein Einzelfall. Vor wenigen Monaten erweiterte die Pinacoteca ihre Sammlung bereits um das Werk „Il cammino dei Lavoratori“ von Giuseppe Pellizza da Volpedo, eine vorbereitende Studie zum berühmten „Quarto Stato“. Diese beiden Erwerbungen bestätigen die Pinacoteca Divisionismo als nationales Zentrum für die Erforschung des Divisionismus und seiner Ausläufer hin zum Futurismus und den Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts.
Heute bewahrt die Pinacoteca 145 Werke auf, darunter 27 von Pellizza, wovon 19 ständig ausgestellt sind. Der Rundgang umfasst Werke von Angelo Morbelli, Emilio Longoni, Plinio Nomellini, Gaetano Previati, Giovanni Segantini, Giacomo Balla, Carlo Fornara und natürlich Umberto Boccioni. Das moderne Ausstellungskonzept, das thematische und technische Aspekte berücksichtigt, bietet einen faszinierenden Einblick in die Vielschichtigkeit des Divisionismus – von der Erforschung des Lichts über symbolistische Tendenzen bis hin zu sozialem Realismus.
Mit dieser bedeutenden Neuerwerbung stärkt die Pinacoteca Divisionismo nicht nur ihre Sammlung, sondern auch ihre Mission: Kunst, Wissenschaft und Geschichte in einem lebendigen Dialog zu vereinen – über Disziplinen und Epochen hinweg.
Originalquelle: Finestre sull’Arte, 2025
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